Archivarbeit für den guten Zweck
Herr Dr. Daum, womit beschäftigen Sie sich beruflich?
Ich arbeite am Campus Benjamin Franklin der Charité – und das bereits seit 24 Jahren. Mein Forschungsschwerpunkt ist die gastrointestinale Onkologie, bei der es um Tumore an Speiseröhre, Magen, Pankreas, Leber und Darm geht. Seit einigen Jahren liegt der Fokus meiner Forschung auf dem Ösophagus- und Magenkarzinom und insbesondere darauf, wie Patienten auf unterschiedliche Therapien ansprechen. Eine wesentliche Fragestellung ist zum Beispiel, welche Bildgebung oder molekularen Marker man nutzen kann, um das Ansprechen auf eine Therapie vorherzusagen.
Worum geht es bei Ihrem BIH Clinical Fellowship?
Wir untersuchen Proben von Magenspiegelungen aus dem Archiv mit einer neuen Methode, der Nanostring-Analyse, auf ihre genetischen Eigenschaften hin. Wenn im Staging ein nicht-metastasiertes Magenkarzinom festgestellt wurde, bekommen viele Patienten erst eine Chemotherapie und werden dann operiert. Sie sprechen allerdings unterschiedlich gut auf diese Chemotherapie an. Bei manchen Patienten ist der Tumor bis zum OP-Termin verschwunden, bei anderen aber scheinbar unverändert. Anhand der Biopsieproben wollen wir herausfinden, ob Personen, die gut auf eine Chemotherapie ansprechen, bestimmte Gene gemeinsam haben. Gegebenenfalls könnte man zukünftig dann durch eine Untersuchung des Biopsiematerials vorhersagen, ob eine Therapie wirksam sein wird. Andernfalls kann man sofort operieren oder ggf. eine andere Therapieform wählen. Dadurch könnten unnötige Chemotherapien vermieden und Patienten individueller therapiert werden.
Und wie genau machen Sie das?
Das war zunächst sehr viel Archivarbeit. Zunächst haben wir eine große Fallzahl an Patienten herausgesucht, bei denen man klar sagen konnte, ob sie auf die Chemotherapie ansprachen oder nicht. Dann haben wir im pathologischen Archiv nachgesehen, ob die Biopsieproben dieser Patienten in einem ausreichend guten Zustand vorliegen, und weitere Daten zu dem jeweils operierten Tumor herausgesucht. Proben, die im Archiv liegen, wurden vorher durch eine Behandlung mit Alkohol und Wachs konserviert, wobei leider ein Teil der DNA- und RNA-Moleküle zerstört wurden. Auch sind die Proben teilweise sehr klein und es ist häufig schwer, noch genügend Gewebe für eine Analyse zu extrahieren. Mit der Nanostring-Methode hat man aber die Möglichkeit auch kleinste RNA-Mengen zu untersuchen. Da wir zunächst ca. 600 Patientendateien überprüfen mussten, war dies zunächst sehr aufwändig. Die Nanostring-Methode selbst ist relativ neu und teuer.
Wie kamen Sie denn auf das Thema?
Es handelt sich um ein klinisches Thema, das uns in der Arbeitsgruppe schon lange umtreibt. Wir haben zum Teil Patienten, denen wir eine Behandlung empfehlen – und sehen doch in Einzelfällen am Ende, dass diese nichts gebracht hat. Wir sehen sie unter einer nutzlosen Therapie leiden und das wollten wir ändern. Außerdem finde ich es spannend, Dinge zu optimieren. Es ist für mich ein Antrieb im klinischen Alltag, dort neue Methoden einzubringen. Die Idee existierte schon länger, allerdings gab es keine sinnvolle Methode, um die so kleine Proben zu untersuchen. Dies wurde erst durch die Entwicklung der Nanostring-Methode möglich. Als nächsten Schritt müssen wir nun die Ergebnisse zusammentragen. Falls es klappt, könnte man das Vorgehen und die Daten eventuell auf Patienten übertragen, bei denen der Tumor bereits metastasiert ist.
Und was bedeutete die Förderung durch die Stiftung Charité für Sie?
Ohne die Förderung wäre das Projekt nicht möglich gewesen. Die Antragstellung verlief recht unkompliziert – und das für eine Kombination aus Sach- und Personalmitteln in Zusammenarbeit mit Kollegen aus der Molekularpathologie. Gelder und Programme, um derartige Forschung zu unterstützen, müssten an Unikliniken eigentlich Standard sein. Außerdem ist eine Freistellung hier ein absolutes Muss, um den Interessenten ihre Forschungstätigkeit zu ermöglichen.
Oktober 2017 / TO und MM
Förderprogramm
BIH Clinical Fellows
Förderzeitraum
2016 bis 2018
Vorhabens
Response-Prädiktion bei Adenokarzinomen des gastro-ösophagealen Übergangs oder Magens: Evaluation neuer molekularer Marker mit Hilfe einer Pretest-Kohorte
Fachgebiet
Gastrointestinale Onkologie
Institution
Charité –Universitätsmedizin Berlin
Seit 1998 und 1993 bis 1995
Oberarzt und Klinische Ausbildung in der Gastroenterologie mit klinisch-wissenschafltichem Schwerpunkt refraktäre Zöliakie, intestinale Lymphome und gastrointestinale Onkologie
1996 bis 1997
Forschungstätigkeit im Labor für Molekularpathologie Prof. Hummel/ Prof. Stein im Rahmen eines DFG-Ausbildungsstipendium zum Thema „Rolle der Zytokine und der extrazellulären Matrix bei der mukosalen Transformation vom hyperregenerativen Typ“
1986 bis 1993
Studium der Humanmedizin an der TU-München und Dissertation zum Thema der Expression von Zytokin-mRNA von isolierten intestinalen Lymphozyten