Patientenmonitoring und Digitale Medizin: Aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen – aus der Zukunft für die Gegenwart
PD Dr. Akira-Sebastian Poncette ist stellvertretender Direktor und Sektionsleiter Medical Data and Systems am Institut für Medizinische Informatik der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Mittels einer Projekt- und Veranstaltungsförderung der Stiftung Charité realisiert er eine dreiteilige, interdisziplinäre Veranstaltungsreihe, die die Anfänge, Gegenwart und Zukunft des Patientenmonitoring zum Thema hat. Über dieses Thema speziell – und Digital Health allgemein – wollen wir mit ihm sprechen. Dazu treffen wir Poncette im BeST, dem neu aufgestellten Berliner Simulations- und Trainingszentrum, das erst vor wenigen Wochen im Rahel Hirsch Center for Translational Medicine eröffnet wurde. Das Zentrum, erklärt er, repräsentiere seine Arbeit auf besondere Weise: Es versammele zum einen viele der Monitoring- und Anästhesie-Geräte, mit denen auch er als Anästhesiologe in der Allgemeinchirurgie am Campus Virchow Klinikum alltäglich hantiere. Zum anderen würden an dem Standort nicht allein Trainings an Simulationspuppen gegeben, sondern auch neue Geräte u. a. auf ihre Interoperabilität und Usability vertestet. Beides sind Themen, die ihn als Wissenschaftler beschäftigen.
Herr Dr. Poncette, würden Sie uns einmal erklären, was sich hinter dem Begriff Patientenmonitoring genau verbirgt?
Patientenmonitoring, das ist die kontinuierliche Patientenüberwachung bzw. Vitalzeichenüberwachung. Im klinischen Kontext bedeutet das vor allem die Überwachung von Parametern wie der Herzfrequenz, des Blutdrucks, der Temperatur und der Atemfrequenz sicherzustellen. Auf der Intensivstation ist diese Überwachung Pflicht. Zusätzlich kann man durch invasive Messmethoden z. B. den zentralen Venendruck kontinuierlich messen. Im intensivmedizinischen Umfeld werden dann noch verschiedene hämodynamische Parameter gemessen, wenn angebracht; beispielsweise nach einer Herz-OP. Stündliche Blutgasanalysen, die dazu dienen, die Gasverteilung von Sauerstoff und Kohlendioxid, den pH-Wert und den Säure-Basen-Haushalt im Blut zu messen – auch das ist Monitoring. Die Patientenüberwachung findet aber nicht nur auf der Intensivstation statt, sondern auch auf der Normalstation. Ein Beispiel dafür ist der Einsatz von SpO2-Sensoren, über die sich gleich mehrere Parameter ableiten lassen: beispielsweise die Sauerstoffsättigung, die Atemfrequenz und der Puls. Wir messen die Temperatur von Patientinnen und Patienten, … wir messen so vieles! Jeder kontinuierlich abgenommene Laborparameter ist im Grunde Monitoring.
Förderprogramm
Projekt- und Veranstaltungsförderung
Förderzeitraum
2024
Fachgebiet
Digitale Medizin
Vorhaben
Gestern, Heute, Morgen: Die Evolution des Patientenmonitorings
Institution
Charité – Universitätsmedizin Berlin
Seit 2021
Stellvertretender Direktor und Sektionsleiter Medical Data and Systems am Institut für Medizinische Informatik der Charité – Universitätsmedizin Berlin
Seit 2021
Leiter des Charité Netzwerks Monitoring am Geschäftsbereich IT (Team CMIO) der Charité – Universitätsmedizin Berlin
Seit 2021
Leiter der AG Intelligent Patient Monitoring am Institut für Medizinische Informatik der Charité – Universitätsmedizin Berlin
Und außerhalb der Klinik? Es fällt auf, dass Sie nicht etwa eine, sondern gleich zwei Smartwatches tragen – an jedem Handgelenk eine.
Poncette lacht.
Außerhalb der Klinik gibt’s noch den ambulanten Bereich. Menschen können sich im Alltag auch selbst überwachen, z. B. durch den Einsatz von Wearables am Handgelenk – selbstverständlich auch dann, wenn sie (noch) nicht krank sind. Jetzt sind wir gedanklich im Consumer- und Lifestyle-Bereich. Die Uhren und Armbänder können viel: Sie haben meist auch einen SpO2-Sensor, manche haben auch EKG oder einen Akzelerometer, also einen Beschleunigungssensor, der z. B. die Atemfrequenz messen kann.
Die ambulante, kontinuierliche Blutzuckermessung zur Selbstkontrolle ist für Diabetikerinnen und Diabetiker selbstverständlicher Teil ihres Alltags. Ich selbst habe meinen Blutzucker auch eine Zeit lang überwacht, und siehe da: Obwohl ich mich zu dem Zeitpunkt schon komplett zuckerfrei ernährt hatte, waren meine Werte erhöht. Ich habe dann festgestellt, dass ich mich im prä-diabetischen Bereich bewegte. Ich habe wohl eine familiäre Disposition zum Typ-2-Diabetes. Mit diesem Wissen habe ich dann meine Ernährung erneut umgestellt und verstärkt auch auf Kohlenhydrate verzichtet – der Blutzucker normalisierte sich. Monitoring hilft also auch, präventiv Medizin zu betreiben und eine Tendenz zu Erkrankungen zu erkennen, bevor sie entstehen.
Spannend! Mit Ihrem Fachwissen sind Sie aber natürlich auch ein besonders souveräner Patient.
Das stimmt! Aber ich denke, der Zugang zu präventiver Medizin ist bzw. wird zu einer gesellschaftlichen Frage: Wollen wir immer weiter Akut-Medizin betreiben, wenn der Krebs schon da ist oder der Diabetes sich schon ausgeprägt hat und wir möglicherweise das Bein amputieren müssen? Ich denke nicht! Früher war das so, dass wir das Karzinom erst gesehen haben, wenn es riesig groß war. Ähnlich das diabetische Fußsyndrom. Solche Befunde gibt es heutzutage glücklicherweise kaum noch. Monitoringdaten sind die Basis dafür, dass wir heute und in Zukunft wirklich proaktiv intelligente Medizin betreiben können und immer personalisierter therapieren.
Welche Werte können Sie heute noch nicht so erheben, wie Sie sich das als Arzt für Ihre Patientinnen und Patienten wünschen würden?
Bisher können wir beispielsweise Laktat – ein wichtiger Indikator für den anaeroben Stoffwechsel – noch nicht kontinuierlich monitoren, ohne eine Blutprobe für eine Blutgasanalyse abzunehmen. Es wäre schön, wenn wir diesen zusätzlichen Schritt nicht mehr gehen müssten. Wenn wir diese Labor-Diagnostik kontinuierlich und nicht-invasiv durchführen könnten. Das würde die Effizienz steigern. Auch die Urinausscheidung monitoren wir noch nicht kontinuierlich. Nicht alles ist für jeden Fall interessant – ich würde das individuell entscheiden wollen, wie wahrscheinlich viele Kolleginnen und Kollegen auch. Neben dem Mehrwert für den Patienten oder die Patientin und der technischen Machbarkeit ist das alles auch häufig eine Frage von Workflows – und eine finanzielle Frage.
Sie haben eben schon die kaum zu überschätzende Relevanz der Datenerhebung in der modernen Medizin angedeutet. Würden Sie diesen Punkt noch etwas ausführen? Welche Chancen sehen Sie – und welche Befürchtungen äußern möglicherweise Patientinnen und Patienten, was für Risiken identifizieren Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen selbst?
Als ich angefangen habe, mich mit dem Thema Monitoring zu beschäftigen, dachte ich selbst nicht, dass es schon in der nahen Zukunft eine so große Rolle spielen würde. Aber die Datenqualität und die Datenmenge, die hochmoderne Monitoring-Geräte bieten, sind die Grundlage für die digitale Transformation in der Medizin. Ohne Daten kann ich ein System nicht transformieren.
Welcher Natur müssen diese Daten sein? Ein PDF beispielsweise ist zwar digital vorhanden, ich kann es aber nicht gut durchsuchen, ich kann es nicht maschinenlesbar machen, ich kann es keinem anderen Gerät geben, um Analysen oder Ähnliches durchzuführen. Ich brauche also Daten, die interoperabel aufgebaut sind, die von Maschinen gelesen werden können. Das ist die Grundlage für den sinnvollen Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Wichtig ist: die Daten müssen gewissen Standards genügen. Sie müssen von hoher Qualität sein und dürfen keine Verzerrungen aufweisen, keinen Bias haben. Ich erinnere an Fehlmessungen von SpO2-Sensoren bei Patientinnen und Patienten mit dunklerer Hautfarbe – die Sensoren erkannten die Sättigung weniger gut als bei hellhäutigen Menschen. Das darf nicht passieren.
Zentral ist auch das Thema Datensicherheit. Gerade jetzt, wo immer häufiger von Cyberangriffen auf Hochschulen und andere öffentliche Institutionen berichtet wird. Wenn ich als Patientin oder Patient so persönliche, sensible Daten aufzeichnen lasse, will ich natürlich, dass die Daten sicher sind und nicht in falsche Hände geraten. Mit der Erhebung der Daten geht eine große Verantwortung einher. Es muss gewährleistet sein, dass ausschließlich befugte Personen Zugriff auf die Daten haben; dass die Daten unversehrt bleiben, nicht manipuliert oder zerstört werden. Für einen sicheren Umgang mit Daten müssen also bestimmte Sicherheits- und Qualitätskriterien erfüllt sein. Dann lassen sich denke ich auch die Befürchtungen der Menschen einhegen. Der Nutzen überwiegt.
Können Sie uns das technische Prinzip hinter dem Monitoring-Alarmsystem erläutern?
Gerne! Klassischerweise funktionieren die Geräte mittels grenzwertbasierter Algorithmen. Wenn ein Grenzwert überschritten wird, ertönt ein Alarm – wenn nicht, dann nicht. Es ist also ein sehr einfaches System. Wenn wir so weitermachen, dann haben wir immer mehr solcher grenzwertbasierter Alarme und irgendwann keine Übersicht mehr. Die Problematik ist heute schon, dass bis zu 99 Prozent dieser Alarme als falsch-positiv beschrieben werden. Das wiederum kann zu sogenannter Alarm-Müdigkeit führen, einer Desensibilisierung des medizinischen Personals gegenüber kritischen Alarmen. Da müssen wir gegensteuern, die gesammelten Daten intelligenter auswerten, auch mittels KI. Denn das sind zu viele Daten, als dass der Mensch sie noch ad hoc verstehen könnte. Das Arbeiten mit grenzwertbasierten Alarmen ist in den 1970er Jahren entstanden. Das ist einfach schon sehr alt. Heutzutage können wir das eigentlich besser, denke ich. In Zukunft werden KI-Algorithmen auf der Intensivstation alarmieren, die in der Menge deutlich weniger alarmieren, deutlich spezifischer sind, aber eine mit den heute im Einsatz befindlichen Geräten vergleichbar hohe Sensitivität haben.
Damit sind wir mitten in meinem Forschungsthema der klinischen Implementierungswissenschaft im Bereich Digital Health. Fakt ist: Wir implementieren teilweise Systeme, die keinen Nutzen haben oder die einfach schlecht sind – von der technischen Umsetzung, der Usability, vom Workflow und so weiter. In der Implementierungswissenschaft hat man beobachtet, dass es üblicherweise 17 Jahre dauert, bis eine Therapie oder eine neue Technologie beim Patienten oder der Patientin ankommt. Kein Wunder also, dass wir momentan noch so wenig Technologie nutzen, wenn der Innovationszyklus so lang ist. Da muss sich was tun. In meinen Augen sind die Implementierungswissenschaft und die Erkenntnisse für die Praxis, die sich daraus ableiten lassen, ein wirklich wichtiges aufstrebendes Feld – ganz besonders im Bereich der digitalen Medizin.
Die Charité steht vor einer ganzen Reihe kleinerer und größerer Digitalisierungsprojekte…
Ganz genau! Da können wir das Rad nicht immer wieder neu erfinden. Da müssen wir uns auch an schon existierendem Wissen orientieren. Ein konkretes Beispiel ist das neue Krankenhaus-Informationssystem, das sich die Charité leistet. Es wird eine Herausforderung, das zu implementieren. Wie stellen wir sicher, dass es von Anfang an flüssig funktioniert? Da sollten wir von den Erfahrungen, die andere Häuser gemacht haben, lernen. Deren evidenzbasierte, systematische Auswertungen kann man für sich nutzen. Die sind frei verfügbar, sie wurden ja publiziert. Mir ist aber natürlich klar, dass es zwischen Wissenschaft und Praxis einen Gap gibt. Das Projektmanagement-Office eines Krankenhauses sucht in der Regel nicht in der medizinischen Literatur nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen, wie man Technologien implementiert, und liest sich die Paper durch. Die schauen sich andere Ressourcen an. Und so denke ich fällt es ein Stück weit mir zu, die Methoden, die in der Wissenschaft erarbeitet wurden, hier in der Charité in die Praxis zu bekommen. Dabei nützt mir und dem gesamten Institut für Medizinische Informatik, dass wir so nah an der Krankenversorgung sind – unser Institutsdirektor Professor Felix Balzer ist ja zugleich Chief Medical Information Officer (CMIO) am Geschäftsbereich IT der Charitéund verantwortet damit die Digitalisierung der Krankenversorgung.
Insgesamt ist es mir wichtig zu zeigen, dass die digitale Transformation einen echten Mehrwert bietet. Nehmen wir dazu das WHO-Quadrupel-Ziel: Haben wir die Patientenzufriedenheit und die Gesundheit der Patientinnen und Patienten wirklich verbessert – oder nicht?
Vielen Dank für diesen Abriss des „big picture“. Kommen wir zur Veranstaltungsreihe, die Sie aktuell mit unserer Förderung umsetzen. Sie beleuchten an drei Terminen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Patientenmonitorings.
Genau. Der erste, rückblickende Termin hat am 5. September 2024 stattgefunden. Er stand ganz im Zeichen der Anfänge der digitalen Medizin am Beispiel des Patientenmonitorings und hat die klinische Bedeutung wie auch die Herausforderungen – immer schon – bei der Implementierung digitaler Technologien herausgearbeitet. Dazu gab es eine Keynote von Professorin Monika Ankele, der neuen Direktorin des Berliner Medizinhistorischen Museums, und Professor Volker Hess, Leiter des Instituts für Geschichte der Medizin und Ethik in der Medizin an der Charité. Eine Erkenntnis, die ich daraus mitnehme: Wissenschaftskommunikation konnte früher einen ganz anderen Wow-Effekt erzeugen als heute, zum Beispiel mit der Übertragung von Herztönen im Rundfunk.
Auf die Vorträge folgte eine Podiumsdiskussion mit vier Zeitzeuginnen und -zeugen, die ich moderiert habe. Die Runde bestand aus dem ehemaligen Fertigungsingenieur Reinhard Troll, dem Laborleiter Dr. Wilfried Scharner – beide haben im Messgerätewerk Zwönitz sowohl vor als auch nach der Wende gearbeitet –, der Krankenpflegerin Doris Grünewald, die den Aufbau der ersten Intensivstation in der DDR miterlebt hat, und Dr. Michael Römer, ehemaliger Oberarzt in der Anästhesiologie. Hier fand ich u. a. bemerkenswert zu hören, dass es bei der Einführung neuer Techniken wie der EKG-Geräte in die Intensivmedizin nach den Worten von Frau Grünewald klare ärztliche Ansprechpersonen gab, die den Kontakt zu den Herstellern pflegten. Die rund 50 Teilnehmenden aus unterschiedlichsten Fachrichtungen stellten dem Panel anschließend spannende Fragen. Insgesamt war es ein sehr gelungener Auftakt!
Was haben Sie für den zweiten und dritten Termin inhaltlich geplant?
Der Termin zum ‚Heute‘ des Patientenmonitoring ist für den 15. Oktober 2024 angesetzt. Er ist als interaktives World-Café konzipiert, bei dem die Teilnehmenden aktiv in den Wissens- und Erfahrungsaustausch gehen und auf Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Industrie und Klinik treffen. Es soll vier Stationen geben: zur Forschung, zu Industrieinnovationen, der klinischen Anwendung und zum Innovationsmanagement. So sollen die Teilnehmenden einen umfassenden Einblick auch über die eigene Expertise hinaus gewinnen. Als Repräsentanten der Industrie haben wir Masimo, Dräger und Philips gewinnen können, alles Herstellerfirmen von Medizintechnik, wie sie auch hier im BeST stehen und in den diversen Kliniken der Charité eingesetzt werden.
Für den 28. November 2024 schließlich ist der letzte Termin der Reihe angesetzt. Hier geben die Teilnehmenden mit Unterstützung von Zukunftsforscherinnen und -forschern der Freien Universität Berlin zunächst Prognosen für die kommenden Jahrzehnte ab. Die Forschenden werden die Methode des Backcastings einführen. Gemeinsam definieren wir ein wünschenswertes Ziel für die Zukunft. Davon ausgehend werden wir die erforderlichen Maßnahmen ermitteln, die zur Erreichung dieses Ziels notwendig sind. Meistens ist es ja so: Das, was man sich vorstellen kann, wird eher Realität. Das, was man sich nicht vorstellen kann, wird eher nicht Realität. Das Backcasting ist eine spannende Methode, um zu ermitteln, was wir uns konkret für die Zukunft vorstellen können. Und um dann zu überlegen, ob das eine Zukunft ist, die wir wollen.
Wie ist die Idee für die Veranstaltungsreihe entstanden, und an wen richten Sie sich mit der Reihe primär?
Die Idee ist im Kontext des Patient Monitoring Roundtable entstanden. Der Roundtable hat das Ziel, innerhalb der Charité Interdisziplinarität zum Thema zu fördern und eine angenehme Atmosphäre zu schaffen, um gemeinsam neue Ideen zu entwickeln. Er setzt auf das Mastermind-Prinzip, also den Gedanken, dass, wenn man alleine in einem Raum ist, man nur schwer eine neue Idee entwickelt. Wenn man aber mit, sagen wir zehn weiteren Personen in einem Raum ist und miteinander spricht – und alle auf eine Art gleich gesinnt sind und eine Vision teilen –, dann entstehen plötzlich viele Ideen, auf die der oder die Einzelne so nicht gekommen wäre. So wollen wir als AG Innovationen vorantreiben und idealerweise Lücken in der Versorgung schließen oder Abläufe verbessern. Das Besondere ist, dass sich die Teilnehmenden wirklich auf Augenhöhe begegnen. Alle dürfen sprechen und trauen sich auch zu sprechen, da wir den Rahmen tendenziell klein halten.
Für die Termine zum Heute, Gestern und Morgen des Monitorings öffnen wir den Kreis aber deutlich. Zur Zielgruppe gehören Krankenpflegerinnen und Krankenpfleger, Ärztinnen und Ärzte, Patientenvertreterinnen und -vertreter sowie Industrievertreterinnen und -vertreter. Es kann sich auch darüber hinaus jeder und jede anmelden, der oder die Interesse hegt. Dazu lade ich herzlich ein! Wenn man selbst von dem Thema begeistert ist und etwas verändern möchte, einen gewissen Innovationsdrang hat, lohnt es sich auf jeden Fall, mitzumachen.
Zum Schluss würden wir mit Ihnen gerne noch Ihren Karriereweg beleuchten. Von 2020 bis 2024 wurden Sie als „BIH Charité Digital Clinician Scientist“ gefördert. Die Stiftung Charité hat das allgemeine Clinician Scientist-Programm um 2010 herum mit aus der Taufe gehoben. Wenn Sie zurückblicken: Was hat Ihnen die Förderung als Digital Clinician Scientist ermöglicht?
Das ist richtig. Vor ein paar Monaten habe ich meine Urkunde erhalten. Und ich muss sagen: Ohne die Förderung wäre ich heute wahrscheinlich nicht da, wo ich jetzt bin. 2018 hatte ich meine erste Publikation – jetzt ist 2024, ich bin mit meiner Habilitation fertig und trete bald meine Professur an! All das wäre ohne die ‚protected time‘ für Forschung, die der Clinician Scientist-Pfad bietet, kaum machbar gewesen. Das Verrückte daran ist auch, dass ich mich zweimal beworben hatte; beim ersten Mal allerdings ohne Erfolg. Ich wurde abgelehnt, weil ich nur mit cum laude promoviert hatte und nicht wie damals noch vorausgesetzt mit magna cum laude. In der Folge war ich unsicher, ob ich in der Forschung bleiben würde. Beim zweiten Mal hat es dank zweier guter Publikationen dann geklappt mit der Aufnahme ins BIH Charité Digital Clinician Scientist-Programm. Die Note magna cum laude darf seit ein paar Jahren im Einzelfall durch herausragende Publikationsleistungen als äquivalente Leistung ausgeglichen werden.
Ich selbst war schon immer von Digital Health fasziniert, aber vor zehn, 15 Jahren war das noch kein nennenswerter Forschungsbereich, wurde eher mit Gadgets und Spielerei assoziiert. Heute ist das ganz anders. Von daher finde ich, dass die Charité und auch dieses Programm damals wirklich visionär waren, auch Projekte wie meines zu fördern.
Noch weiter zurückgeblickt: Ich kann mich noch erinnern, wie ich als Marburger Student einmal ehrfürchtig vor der Charité stand und nur dachte: Wow, was für ein Universitätsklinikum! Jetzt arbeite ich hier, stehe mit einem Bein in der Forschung und einem in der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin. Es lohnt sich also, dranzubleiben und nicht aufzugeben!
Marike de Vries & Dr. Nina Schmidt
August/September 2024